Das Interview führte Prof. Reiner Schmidt mit Anne Moldenhauer, Göttinger Kommunikations- und Aktionszentrum e.V. (KAZ) und Tobias Sosinka, Neues Junges Theater Göttingen GmbH (JT).
Prozess zum Living Lab
Reiner Schmidt (RS): Zunächst zum Kontext. Wir leben heute in einer Zeit, in der es um die Transformation der Innenstädte geht. Im Grunde habt ihr mit eurer symbolträchtigen Inszenierung des LivingLabs auf dem Göttinger Wochenmarkt schon 2018 einen Versuch gemacht, diese Transformation erlebbar zu machen. Wie kam es eigentlich zu diesem LivingLab und welche Hoffnungen und Erwartungen habt ihr damit verbunden?
Tobias Sosinka (TS): Seit 2016 stand fest, dass die Stadt Göttingen Geld hat, um das Otfried-Müller-Haus, also das Zuhause von JT und KAZ, demnächst zu sanieren. In diesem Zuge kamen wir auf die Idee, uns als Nutzer:innen in die planerische und gestalterische Arbeit unseres Objekts einzumischen. Das KAZ und das JT haben durch die eigene Nutzung des Platzes gewisse Konfliktzonen und Probleme erkannt. Unser Interesse war natürlich, dass diese beiden Projekte städteplanerisch als Eins begriffen werden. Das war der Hauptimpuls, aus dem heraus wir uns in den Prozess eingemischt haben.
Anne Moldenhauer (AM): Bei den Veranstaltungen, die wir dort schon gemeinsam durchgeführt haben, haben wir immer gemerkt, was der Platz kann und was ihm fehlt. Wir sind natürlich bei unseren großen Veranstaltungen immer wieder mit Vielen ins Gespräch gekommen, mit Marktbeschickern, Anwohner:innen, Firmen und Gastronomen. Auch da wurde deutlich, dass es Konfliktzonen gibt und alle an einem Tisch ins Gespräch kommen müssen.
TS: Von Anfang an war es das Ziel, die Nutzer:innen des Wochenmarktes an einen Tisch zu bringen und festzustellen, was die verschiedenen Akteure auf und an dem Wochenmarkt brauchen. Diese Hoffnung hat sich eigentlich auch ganz gut eingelöst, indem alle Akteure zusammen über ein halbes Jahr das LivingLab vorbereitet haben.
Außerdem gab es einen Bürgerausschuss zur Sanierung des Marktes, dort haben wir unsere Idee vorgestellt. Das Tolle und Einzigartige war, dass die beteiligten Fachdienste die Idee des LivingLabs total gut fanden. Danach wurde ein freiraumplanerisches Gestaltungsverfahren zur Neugestaltung des Markts ausgeschrieben. Das LivingLab ist als Verfahrensschritt in das Ausschreibungsverfahren aufgenommen worden. Mit der Besonderheit, dass auch die fünf Planungsbüros, die dann einen Vorentwurf vorlegten, verpflichtend an dem LivingLab teilnehmen und die Erfahrungen des LivingLabs in ihrer weiteren Planung zumindest berücksichtigen mussten. Wir waren als beratende Mitglieder ohne Stimmrecht in der Jury. Also insofern war das ein traumhaft verzahnter Prozess.
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Juli 2021
Das vollständige Interview als PDF zum Download.