Am 04. Mai 2021 war die Netzwerkinitiative „Gemeinsam für das Quartier“ in einer Session des 14. Bundeskongress der Nationalen Stadtentwicklungspolitik vertreten. Gemeinsam mit Gesprächspartner:innen aus den verschiedenen Feldern der Initiative wurde eine Zwischenbilanz zu bisherigen Erfolgen und kommenden Aufgaben bezüglich einer Transformation der Stadtentwicklung hin zum Gemeinschaftswerk gezogen. Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V., und Reiner Schmidt von der Initiative Stadt als Campus moderierten die knapp zweistündige Session.
Michael Groschek, Präsident des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, fasste einleitend das Leitmotiv der Initiative damit zusammen, „dass wir vom gemeinsamen Stein zum gemeinsamen Sein kommen wollen“. Damit macht er bildlich deutlich, dass die Gemeinwesenorientierung in der Arbeit der Initiative eine große Rolle spielt und dies Veränderungen in der Kommunikation zwischen etablierten Protagonisten wie Kommunen oder Immobilienunternehmen und kreativen, soziokulturellen oder zivilgesellschaftlichen Playern voraussetzt.
Die Session konzentrierte sich auf eine Zwischenbilanz zu dem Thema „Orte“ der Initiative mit den zwei Unterthemen „Dritte Orte“ und „Mikroquartiere“. Dazu wurde sie, analog zu diesen Unterthemen und den Strategien, in drei Panels mit je zwei Gesprächspartner:innen geteilt.
Neue Stadtbausteine: „Dritte Orte und Mixed-Use Immobilien“
Das Thema „Dritte Orte“ wurde von Stephanie Reiterer, Vertreterin des Bayerischen Landesverbandes für Kultur- und Kreativwirtschaft, und Thomas Binsfeld, Mitglied Geschäftsleitung der Landmarken AG, aus zwei sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern diskutiert. Wichtige Erkenntnisse aus diesem Panel waren, dass Dritte Orte bedeutende kreative Impulsorte für die Entwicklung von Städten und Kommunen sind und sowohl eine Anziehungskraft für Anwohner:innen und Tourist:innen als auch eine Strahlkraft nach außen zur Weiterentwicklung der Kommunen haben. Bei der Entwicklung Dritter Orte sei es notwendig, individuelle und regionale Lösungen zu finden, die von Anfang an eine Verantwortungsverteilung inklusive des Betreibers mitdenken und umsetzen und so einen Rahmen für die Kreativwirtschaft schaffen. Diese an den Ort und die Gegebenheiten angepassten Konzepte rentieren sich laut Thomas Binsfeld dann, wenn Nutzungen, die eine hohe Frequenz bringen, gebündelt werden. In Zukunft sei es wichtig, die Kultur- und Kreativwirtschaft kommunal zu verankern, beispielsweise durch feste Ansprechtpartner:innen, sowie Raumlabore und Testsituationen als Experimente zuzulassen.
Prototyping im Stadt- und Dorfalltag: „Kreative Mikroquartiere“
In dem zweiten Panel zum Thema „Kreative Mikroquartiere“ berichteten Julia Paaß, Vertreterin Netzwerk Zukunftsorte, und Rut-Maria Gollan, Vertreterin Wohnbaugenossenschaft wagnis eG, von ihren Erfahrungen. Trotz der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen – Netzwerk Zukunftsorte im ländlichen Raum und die Wohnbaugenossenschaft wagnis in einer wachsenden Großstadt – ließen sich einige Parallelen in der Herangehensweise sowie der Wirkung in die Umgebung ausmachen. Bei der Entwicklung von Mikroquartieren sei es wichtig, Dinge zu teilen und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und so aus dem Privaten in das Gemeinschaftliche zu gehen. Dies führe sowohl in der Stadt als auch auf dem Land dazu, dass ein Anziehungsort für interessierte Menschen entsteht, der ihnen und auch den Menschen, die bereits vor Ort sind, einen Mehrwert in Form von größeren Handlungsspielräumen und Lebensqualität gibt. Bei der Etablierung und Umsetzung solcher Quartiere gebe es gleichzeitig große Fortschritte und große Widerstände in der Stadtentwicklung. Auch die Wirtschaftsförderung scheint die Veränderung in der Entwicklung von Orten wahrzunehmen und dementsprechend ihre Strategien zu verändern, sodass Chancen für eine neue Art der Entwicklung vor allem im ländlichen Raum entstehen. Zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Kommunen und Entwickelnden von Mikroquartieren sei es bereichernd, bereits umgesetzte Quartiere als Beispiele zu nutzen.
Ko-Produktion von Stadt: „Urbane Strategien“
Die zentralen Themen der Initiative sind „Dritte Orte“, Kreative Mikroquartiere“ und „Formate“ sie münden gemeinsam in übergeordneten „Urbanen Strategien“. Diese wurden in der Session von Dr. Matthias Rauch, Leiter der Kulturelle Stadtentwicklung Mannheim und Vertreter von NEXT MANNHEIM, und Marion Rüber-Steins, Vertreterin Stadt Offenbach, aus ihrer jeweiligen Perspektive dargelegt. Trotz der unterschiedlichen Herangehensweise zur Integration der kreativen Szene in die Stadtentwicklung – Mannheim mit einem übergeordneten externen Partner als Koordinator und Offenbach mit internen Mitarbeiter:innen als Koordinatoren – wurden von beiden Gesprächspartner:innen ähnliche Erkenntnisse und Ziele formuliert. Eine ganzheitliche Stadtentwicklung sei notwendigerweise Fachbereich übergreifend umzusetzen. Es sei wichtig, den Prozess zur Entwicklung einzelner Projekte kooperativ zu denken und durchzuführen und stets beteiligungsorientiert zu arbeiten. Hierfür sollten die Städte eine kommunikative Plattform schaffen und Gespräche mit allen Beteiligten führen. Außerdem sollten Kommunen Experimente inklusive der Möglichkeit des Scheiterns zulassen und das in die Förderlogik einbinden. Es müssen Anfänge von Projekten und nicht deren Ergebnisse geplant und so den Kreativschaffenden Freiräume bei der Entwicklung gegeben werden.
Ausblick
Im Ausblick stellten Ulrich Drees von STELLWERK Göttingen, Christian Cordes von der German Coworking Federation, Cordula Fay von der degewo Berlin und Christoph Vogt von der Städtische Entwicklungsgesellschaft Aachen GmbH & Co. KG die Ziele ihrer Arbeit in den unterschiedlichen Bereichen vor. Für das STELLWERK Göttingen sei es wichtig, eine gesamtstädtische Strategie ähnlich den zuvor präsentierten Ansätzen zu entwickeln. Die German Coworking Federation strebt das Zusammenbringen von Menschen und Orten mit einem gemeinwohlorientierten Ansatz an. Damit fördern sie die Weiterentwicklung der Innenstädte und des ländlichen Raums. Cordula Fay betonte, dass bei der Entwicklung neuer Quartiere von Beginn an eine „kritische Masse“ Aktiver wichtig sei und nicht nur Einzelpioniere, sodass ein Umschwung mit zusammengedachten, nachbarschaftlichen und kreativen Angeboten entstehen könne. Auch Christoph Vogt betonte, dass Projekte von vielen Füßen getragen werden müssen und deshalb schon die Planung gemeinsam mit vielen wichtig für den Erfolg des Vorhabens sei.
Abschließend wurde auf den weiteren Prozess der Netzwerkinitiative aufmerksam gemacht und alle Zuhörenden dazu eingeladen, sich weiter zu informieren oder sogar selbst Teil des Netzwerks zu werden.